Bin ich von der „Gewaltfreien Kommunikation – der Sprache des Lebens“ so sehr begeistert!?
Die Gewaltfreie Kommunikation ist für mich ein Weg, um die folgende Grundannahmen über uns Menschen zu realisieren:
Wir alle wollen frei sein und lieben können! Damit ist die Voraussetzung für ein glückliches Miteinander tief in uns Menschen angelegt. Der Rest ist Lernaufgabe.
Ich bin Leben, das leben will.
Inmitten von Leben, das leben will.
Albert Schweitzer
Ich stimme den folgenden Grundannahmen Dr. Marshall Rosenbergs über uns Menschen zu:
Was macht mich sicher, dass das Modell der Gewaltfreie Kommunikation das Potential hat, Wegweiser in ein Leben zu sein, das von Freiheit, Miteinander und Wertschätzung gekennzeichnet ist?
Das GFK-Modell ist eine Beschreibung von ständig ablaufenden natürlichen Prozessen, die wir bewusst oder unbewusst praktizieren, wenn es uns mit uns selbst und in unserem Miteinander gut geht. Rosenberg hat hier lediglich genau hingeschaut und sie beschrieben. Dadurch können wir Stagnationen und Störungen dieser Prozesse bewusst beenden und die „Struktur“ lebensdienlicher Prozesse erlernen, anwenden und lehren. Ich gehe nachfolgend kurz auf die einzelnen Schritte ein:
Die Voraussetzung für gesunde Beziehungen ist die Fähigkeit zu einer gesunden Aggression.
Ohne eine gesunde Aggresion sind wir zu sehr angepasst und sagen zu oft ja, obwohl wir nein meinen. Dann schützen und entwickeln wir unser Eigenes zu wenig und sind in Konflikten schnell sprachlos. Erst Stunden später kommen die rettenden Gedanken - zu spät. In uns ist Dauerstress. Diese lebenswichtige Fähigkeit können wir uns zurück erobern und trainieren. Mit einem klaren Zugang zu einer gesunden - und das bedeutet, wenn es sein muss auch sehr kraftvollen Aggression - können wir uns klar abgrenzen, uns schützen und dadurch uns selbst Sicherheit im Alltag geben. Hierfür ist das Autonomietraining eine zusätzliche, sehr wertvolle ergänzende Methode. Insbesondere bei posttraumatischen Belastungsstörungen, dauerhaftem Stress, Burnout, Depressionen und innerer Blockaden jeglicher Art, halte ich sie für indiziert. Unser Selbstvertrauen, die Fähigkeit eigene Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen, werden dadurch zusätzlich gefördert und bekommen eine solide Grundlage. Damit bin ich auch beim nächsten Schritt:
Gefühle sind Ausdruck unserer Bedürfnisse. Gefühle machen ohne Bedürfnisse keinen Sinn. Kein Mensch kann einem anderen Menschen Gefühle machen. Unser Organismus macht sie auf Grund seiner augenblicklichen Bedürfnisse.
„Konflikte entstehen nicht auf Grund unserer Bedürfnisse, sondern auf Grund unserer Strategien zur Erfüllung unserer Bedürfnissen“ M. Rosenberg.
Wenn ich mit meinen Gefühlen und Bedürfnissen vertraut bin, bin ich es auch mit mir – oder ich bin mir selbst fremd. Dann bin ich innerlich ruhig, gelassen mit einer inneren Freude ohne äußeren Grund - oder ich bin in ständiger Anspannung und innerer Unruhe mit der Aussicht auf Burnout, Depression, Konflikte und Krankheiten.
Der vierte Schritt: Bitten oder Forderungen?
Im 4. Schritt lernen wir verschiedene Formen von Bitten kennen. In der ersten Form geht es darum, wie ich gezielt für Klarheit und Verständnis in unserer Beziehung sorgen kann. Was hat der andere verstanden? Was habe ich verstanden? Ist es auch das, was wir einander gesagt haben oder sagen wollten? Hier geht es auch um ein wertschätzendes und objektives Feedback – ohne zu verletzen. Denn zuerst kommt, das Verständnis, die Verbindung – und dann kommt die Suche nach gemeinsamen Lösungen und das Handeln. Vernachlässigen wir diese Lebensweisheit, ist schnell „Sand im Getriebe“, es wird anstrengend im Miteinander. Missverständnisse und Konflikte sind vorprogrammiert. Im Alltag ist es leider oft so, dass wir bei Problemen zu schnell mit Lösungen aufwarten, ohne nach den jeweiligen Bedürfnissen zu fragen. Damit kreieren wir Konflikte.
Dann geht es um konkrete Handlungen, um die wir einander bitten. In den Seminaren beschäftigen wir uns mit den Merkmalen einer Bitte, die die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Bitte gerne erfüllt wird, deutlich erhöht. Hier bekommen wir hilfreiches Werkzeug für den Alltag in die Hand. Hier wird auch unsere innere Haltung deutlich und kommt auf den Prüfstand:
Bitte ich oder fordere ich?
Kein Mensch hat Lust, Menschen, die Forderungen stellen, Druck ausüben oder manipulieren, zu unterstützen.
„Woran erkennst du den Unterschied zwischen einer Bitte und einer Forderung?“, fragt Marshall Rosenberg. Seine Antwort: „Wenn du eine Bitte äußerst und der andere sagt Nein, und du bist sauer, war es eine Forderung.“ Diese Frage hatte bei mir damals eine Erschütterung ausgelöst. Denn mir wurde mit Schrecken bewusst, wie fordernd ich oft gegenüber meinen Kindern war. Doch gerade Forderungen gegenüber Schwächeren und Menschen, die von uns abhängig sind, lösen Angst, Schuldgefühle, Selbstzweifel, Ärger und Trennung aus.
Heute finde ich diese Fragestellung für den Selbsttest im Alltag als sehr hilfreich.
"Wer keine Bitte äußert, nimmt seinen Platz in diesem Leben nicht ein. Wer eine Forderung äußert, gewährt anderen ihren gleichberechtigten Platz nicht." M. Rosenberg
Liebesfähiger werden wir nur durch Liebe
Leider sind Schuldzuweisungen, Beschämung, Liebesentzug, Drohungen und Bestrafungen in unserer Gesellschaft ein sehr weitverbreitetes Mittel, um Kinder den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Oft mit der Rechtfertigung „ich meine es doch nur gut mit dir“, „das muss so sein“, „Kinder haben zu gehorchen“, „ich musste auch gehorchen“ usw. Auch ich habe davon rege Gebrauch gemacht und fast immer war mir dies nicht bewusst oder ich hatte zumindest einfach keine Idee, wie es anders gehen könnte, wenn ich selbst im Stress und in Not war. So bin ich aufgewachsen, so habe ich es gelernt und so habe ich es selbst praktiziert. Auch zwischen Erwachsenen geht es oft um Macht, Schuld und Rechtfertigungen. Doch inzwischen ist mir absolut klar, liebesfähiger werden wir nur durch Liebe. Diese Liebe kann auch bedeuten, sich klarer abzugrenzen, andere frei zu geben, sie zu achten, wie sie sind. Die volle Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, ist oft nicht einfach und ist doch Voraussetzung, um auch andere in ihrer Verantwortung zu lassen. Dies wird mitunter als Härte oder gar Kälte empfunden, zum Beispiel wenn jemand eine Co-Abhängigkeit beendet. Doch in Wirklichkeit ist nun auch der andere frei, sich voll um sich zu kümmern, denn er braucht niemanden mehr etwas recht zu machen. Nur so kann jeder wachsen. Mehr dazu habe ich in meinem Artikel über Autonomie geschrieben.
Wertschätzung und Dankbarkeit vollständig ausdrücken
Die GFK wird oft als ein Weg verstanden, wie wir Konflikte vorbeugen oder sie lösen können. Das Potential der GFK ist jedoch viel größer!
Wir leisten alle sehr viel und erfahren sehr viel Unterstützung. Wir bereichern das Leben allein durch unser Dasein! Das geht viel zu oft unter, ohne dass wir dies bewusst wahrnehmen und würdigen. Mitunter wird ein Lob geäußert, doch Lob kann schnell manipulativ wirken und sagt auch nur wenig über den Sender des Lobes aus. Auch beim Loben spreche ich mehr über den anderen, bewerte ihn und teile nichts oder nur wenig von meinen schönen Gefühlen und Bedürfnissen, die durch sein Verhalten unterstützt wurde, mit.
Wertschätzung und Dankbarkeit vollständig ausdrücken hat in den GFK-Trainings einen besonderen Raum und Wert! Hier üben wir uns in Selbstwertschätzung und Wertschätzung für uns selbst und für andere. Hier wird eine Kultur der Wertschätzung gefördert – ehrlich, ohne Übertreibung oder Ironie. Dies nährt Vertrauen und die Freude an Unterstützung und am Miteinander. Das Potential, das hier auf uns wartet ist gar nicht vorstellbar.
Die Kunst des Zuhörens
Eine gelungene Kommunikation besteht wenigstens zu 50 % aus Zuhören! Die Kunst des Zuhörens will geübt werden. Kein Mensch kann sie sofort. Leider hat diese wichtige Alltagsfähigkeit kaum Raum in unserer Erziehung. Zuhören wurde in Schulen und von Erwachsenen missbraucht, um sicher zu stellen, dass andere genau das machen und lernen, was man sich wünscht. Die hier Geschädigten haben es dann später genauso gemacht.
Durch Zuhören entsteht Verbindung und Verständnis. Erst durch Zuhören ist ein Miteinander möglich. Doch auch Zuhören ist ein Kind der Freiheit und darf nicht erzwungen werden. Und es ist ein Geschenk für den, der es erfährt. In den GFK-Seminaren üben wir dies gezielt, machen Fallen und Stolpersteine bewusst (Ratschläge, Belehrungen, Verbünden, Mitleid, eigene Geschichten erzählen, …) und genießen es, wenn uns jemand zuhört. Das hat Carl Rogers, der Begründer der klientenzentrierten Gesprächstherapie und einer der Väter der humanistische Psychologie sehr schön ausgedrückt:
"Wenn dir jemand wirklich zuhört, ohne dich zu verurteilen, ohne dass er den Versuch macht, die Verantwortung für dich zu übernehmen oder dich nach seinem Muster zu formen - dann fühlt sich das verdammt gut an. Jedes Mal wenn mir zugehört wird und ich verstanden werde, kann ich meine Welt mit neuen Augen sehen und weiterkommen. Es ist erstaunlich, wie scheinbar unlösbare Dinge doch zu bewältigen sind, wenn jemand zuhört. Wie sich scheinbar unentwirrbare Verstrickungen in relativ klare, fließende Bewegungen verwandeln, sobald man gehört wird."
(Carl Rogers)
Natürlich gibt es auch berechtigte Kritik am GFK-Modell. Mehr dazu können Sie hier nachlesen
Gewaltfreie Kommunikation mit mir selbst -
Gewaltfreie Kommunikation mit meinem Nächsten -
Gewaltfreie Kommunikation in Erfurt -
Gewaltfreie Kommunikation in Thüringen -
Gewaltfreie Kommunikation in Deutschland und auf der ganzen Welt -
dafür stehe ich!