Weshalb, Warum und Wieso?

 Bin ich von der „Gewaltfreien Kommunikation – der Sprache des Lebens“ so sehr begeistert!?

Die Gewaltfreie Kommunikation ist für mich ein Weg, um die folgende Grundannahmen über uns Menschen zu realisieren:

  • Alle Menschen und alle Lebewesen wollen am liebsten frei, selbstbestimmt und eigenverantwortlich leben.
  • Und wir Menschen wollen Gemeinschaft, denn wir brauchen auch einander.
  • Die Tiefe und die Art der Gemeinschaft wollen wir jedoch mitbestimmen und mitgestalten können, sonst ist unsere Autonomie nicht gewährleistet.
  • Durch Kooperation, Austausch, gegenseitige Unterstützung, Hilfe in der Not, Vorbildwirkung, machen wir das Leben einander reich und sicher!
  • Nur in Gemeinschaft und Freiheit können wir wachsen und unsere Potentiale entfalten. Darin erfahren wir die größte Erfüllung und das größte Glück!

Wir alle wollen frei sein und lieben können! Damit ist die Voraussetzung für ein glückliches Miteinander tief in uns Menschen angelegt. Der Rest ist Lernaufgabe.

Ich bin Leben, das leben will.
Inmitten von Leben, das leben will.

Albert Schweitzer

Ich stimme den folgenden Grundannahmen Dr. Marshall Rosenbergs über uns Menschen zu:

  • Menschen unterstützen grundsätzlich sehr gerne andere Menschen! Das ist jedoch an Voraussetzungen gebunden.
    -  Wir dürfen dazu nicht gezwungen werden. Denn wir unterstützen nur gerne, wenn wir dies aus freiem Willen und im Rahmen unserer Möglichkeiten und Fähigkeiten tun können.
    -  In dem Maße, wie wir den Sinn bzw. die Not für die erforderliche Unterstützung erkennen, wächst auch unsere Bereitschaft zur Unterstützung.
    -  Wir brauchen die Sicherheit, dass auch wir Unterstützung bekommen, wenn wir sie brauchen. Wenn uns jemand „hängen lässt“, vergeht auch uns die Lust ihn/sie zu unterstützen.
  • Jeder Mensch verfügt über ein hohes Potential an Ressourcen und Fähigkeiten zur Erfüllung seiner Bedürfnisse und der Bedürfnisse anderer.
  • Aggressives Verhalten ist der Ausdruck unerfüllter Bedürfnisse und der Hinweis auf eine große, innere Not.
     

Was macht mich sicher, dass das Modell der Gewaltfreie Kommunikation das Potential hat, Wegweiser in ein Leben zu sein, das von Freiheit, Miteinander und Wertschätzung gekennzeichnet ist?

Das GFK-Modell ist eine Beschreibung von ständig ablaufenden natürlichen Prozessen, die wir bewusst oder unbewusst praktizieren, wenn es uns mit uns selbst und in unserem Miteinander gut geht. Rosenberg hat hier lediglich genau hingeschaut und sie beschrieben. Dadurch können wir Stagnationen und Störungen dieser Prozesse bewusst beenden und die „Struktur“ lebensdienlicher Prozesse erlernen, anwenden und lehren. Ich gehe nachfolgend kurz auf die einzelnen Schritte ein:

  • Der erste Schritt des Modells, will uns bewusstmachen, wie wichtig es ist, bei den Beobachtungen und Fakten zu bleiben. Interpretationen, Unterstellungen, Bewertungen, Verallgemeinerungen usw. machen sofort auch unser eigenes(!) Leben schwer. Wir halten unsere Phantasien für die Wirklichkeit und reagieren darauf, als wären sie die Wahrheit. Durch ungeprüfte Interpretationen entfernen wir uns von der Wirklichkeit und schaffen zuerst uns selbst Probleme. Die GFK gibt uns hier praktische Hilfestellungen, wie wir unser Bewusstsein hierfür schulen und unser Denken ändern können. Schon das allein wird eine große Erleichterung bringen!

    Wir lernen auch, wie wir anderen helfen können, wenn sie sich in Bewertungen oder Interpretationen verstrickt haben, zur Realität zurück zu finden.
    Zusätzlich lernen wir uns gegen Vorwürfen, Unterstellungen, Abwertungen, Manipulationen klar abzugrenzen, gelassen damit umzugehen und den Hilferuf dahinter als ein Beziehungsangebot zu nutzen.

Die Voraussetzung für gesunde Beziehungen ist die Fähigkeit zu einer gesunden Aggression.

Ohne eine gesunde Aggresion sind wir zu sehr angepasst und sagen zu oft ja, obwohl wir nein meinen. Dann schützen und entwickeln wir unser Eigenes zu wenig und sind in Konflikten schnell sprachlos. Erst Stunden später kommen die rettenden Gedanken - zu spät. In uns ist Dauerstress. Diese lebenswichtige Fähigkeit können wir uns zurück erobern und trainieren. Mit einem klaren Zugang zu einer gesunden - und das bedeutet, wenn es sein muss auch sehr kraftvollen Aggression -  können wir uns klar abgrenzen, uns schützen und dadurch uns selbst Sicherheit im Alltag geben. Hierfür ist das Autonomietraining eine zusätzliche, sehr wertvolle ergänzende Methode. Insbesondere bei posttraumatischen Belastungsstörungen, dauerhaftem Stress, Burnout, Depressionen und innerer Blockaden jeglicher Art, halte ich sie für indiziert. Unser Selbstvertrauen, die Fähigkeit eigene Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen, werden dadurch zusätzlich gefördert und bekommen eine solide Grundlage. Damit bin ich auch beim nächsten Schritt:

  • Im zweiten Schritt schauen wir nach Innen. Was sind meine Gefühle? Welche Funktion haben sie eigentlich? Kann ich über meine Gefühle die Bedürfnisse in mir klar wahrnehmen? Bin ich sicher mit meinen Gefühlen, mit den sehr angenehmen, mit den subtilen und auch mit den schmerzhaften vertraut? Ist mir bewusst, dass meine Gefühle mir genau sagen wollen, was jetzt für mich wichtig ist!? Habe ich Verbindung zu meiner Aggression, zu meiner Trauer, zu meiner Angst, zu meiner Freude, Liebe und Dankbarkeit?

    In unserer Kultur haben nur wenige Menschen von klein an Unterstützung beim Erlernen der „Sprache“ ihrer Gefühle erfahren. Woher auch, wenn sich niemand zu Hause damit wirklich auskannte, noch Platz in der Schule dafür war. Doch unsere Gefühle wollen uns „sagen“, was das Leben in uns im Augenblick braucht. Dazu lernen wir in der GFK echte Gefühle von sogenannte Scheingefühlen und Sekundärgefühlen zu unterscheiden und auch sehr schmerzhaften Gefühle, wie Trauer, Wut, Scham, Depression zu verstehen und achtsam mit ihnen umgehen.

Gefühle sind Ausdruck unserer Bedürfnisse. Gefühle machen ohne Bedürfnisse keinen Sinn. Kein Mensch kann einem anderen Menschen Gefühle machen. Unser Organismus macht sie auf Grund seiner augenblicklichen Bedürfnisse.

  • Im dritten Schritt geht es um unsere konkreten Bedürfnisse.
    Es ist sehr wichtig, diese von Strategien unterscheiden zu können! Wenn wir Menschen Konflikte miteinander haben, ist (fast) immer die Ursache dafür, dass wir Bedürfnisse mit Strategien verwechseln. Wenn wir uns unsere Bedürfnisse bewusst machen, entsteht Verbindung und Verständnis. Beharren wir auf unsere Strategien, entstehen Trennung und Konflikte. Diese tiefe Einsicht von M. Rosenberg will körperlich erfahren und verstanden werden. Wer nur einen kognitiven Zugang sucht oder kennt, weiß es nicht. Diese Erfahrung kann ich immer wieder neu machen und bei meinen Seminarteilnehmer/innen beobachten.
  • Die GFK will uns helfen, uns selbst besser kennenzulernen und in Verbindung zu kommen mit unserem Körperwissen und unserer eigenen Weisheit! Wir brauchen bei weitem nicht für alles einen Psychologen oder Seelsorger. Jeder kann selbst sein Therapeut werden.

„Konflikte entstehen nicht auf Grund unserer Bedürfnisse, sondern auf Grund unserer Strategien zur Erfüllung unserer Bedürfnissen“ M. Rosenberg.

Wenn ich mit meinen Gefühlen und Bedürfnissen vertraut bin, bin ich es auch mit mir – oder ich bin mir selbst fremd. Dann bin ich innerlich ruhig, gelassen mit einer inneren Freude ohne äußeren Grund - oder ich bin in ständiger Anspannung und innerer Unruhe mit der Aussicht auf Burnout, Depression, Konflikte und Krankheiten.

Der vierte Schritt: Bitten oder Forderungen?

Im 4. Schritt lernen wir verschiedene Formen von Bitten kennen. In der ersten Form geht es darum, wie ich gezielt für Klarheit und Verständnis in unserer Beziehung sorgen kann.  Was hat der andere verstanden? Was habe ich verstanden? Ist es auch das, was wir einander gesagt haben oder sagen wollten? Hier geht es auch um ein wertschätzendes und objektives Feedback – ohne zu verletzen. Denn zuerst kommt, das Verständnis, die Verbindung – und dann kommt die Suche nach gemeinsamen Lösungen und das Handeln. Vernachlässigen wir diese Lebensweisheit, ist schnell „Sand im Getriebe“, es wird anstrengend im Miteinander. Missverständnisse und Konflikte sind vorprogrammiert. Im Alltag ist es leider oft so, dass wir bei Problemen zu schnell mit Lösungen aufwarten, ohne nach den jeweiligen Bedürfnissen zu fragen. Damit kreieren wir Konflikte.

Dann geht es um konkrete Handlungen, um die wir einander bitten. In den Seminaren beschäftigen wir uns mit den Merkmalen einer Bitte, die die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Bitte gerne erfüllt wird, deutlich erhöht. Hier bekommen wir hilfreiches Werkzeug für den Alltag in die Hand. Hier wird auch unsere innere Haltung deutlich und kommt auf den Prüfstand:

Bitte ich oder fordere ich?

Kein Mensch hat Lust, Menschen, die Forderungen stellen, Druck ausüben oder manipulieren, zu unterstützen.

„Woran erkennst du den Unterschied zwischen einer Bitte und einer Forderung?“, fragt Marshall Rosenberg. Seine Antwort: „Wenn du eine Bitte äußerst und der andere sagt Nein, und du bist sauer, war es eine Forderung.“ Diese Frage hatte bei mir damals eine Erschütterung ausgelöst. Denn mir wurde mit Schrecken bewusst, wie fordernd ich oft gegenüber meinen Kindern war. Doch gerade Forderungen gegenüber Schwächeren und Menschen, die von uns abhängig sind, lösen Angst, Schuldgefühle, Selbstzweifel, Ärger und Trennung aus.
Heute finde ich diese Fragestellung für den Selbsttest im Alltag als sehr hilfreich. 

"Wer keine Bitte äußert, nimmt seinen Platz in diesem Leben nicht ein. Wer eine Forderung äußert, gewährt anderen ihren gleichberechtigten Platz nicht."  M. Rosenberg

Liebesfähiger werden wir nur durch Liebe

Leider sind Schuldzuweisungen, Beschämung, Liebesentzug, Drohungen und Bestrafungen in unserer Gesellschaft ein sehr weitverbreitetes Mittel, um Kinder den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Oft mit der Rechtfertigung „ich meine es doch nur gut mit dir“, „das muss so sein“, „Kinder haben zu gehorchen“, „ich musste auch gehorchen“ usw. Auch ich habe davon rege Gebrauch gemacht und fast immer war mir dies nicht bewusst oder ich hatte zumindest einfach keine Idee, wie es anders gehen könnte, wenn ich selbst im Stress und in Not war. So bin ich aufgewachsen, so habe ich es gelernt und so habe ich es selbst praktiziert. Auch zwischen Erwachsenen geht es oft um Macht, Schuld und Rechtfertigungen. Doch inzwischen ist mir absolut klar, liebesfähiger werden wir nur durch Liebe. Diese Liebe kann auch bedeuten, sich klarer abzugrenzen, andere frei zu geben, sie zu achten, wie sie sind. Die volle Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, ist oft nicht einfach und ist doch Voraussetzung, um auch andere in ihrer Verantwortung zu lassen. Dies wird mitunter als Härte oder gar Kälte empfunden, zum Beispiel wenn jemand eine Co-Abhängigkeit beendet. Doch in Wirklichkeit ist nun auch der andere frei, sich voll um sich zu kümmern, denn er braucht niemanden mehr etwas recht zu machen. Nur so kann jeder wachsen. Mehr dazu habe ich in meinem Artikel über Autonomie geschrieben.


Wertschätzung und Dankbarkeit vollständig ausdrücken

Die GFK wird oft als ein Weg verstanden, wie wir Konflikte vorbeugen oder sie lösen können. Das Potential der GFK ist jedoch viel größer!

Wir leisten alle sehr viel und erfahren sehr viel Unterstützung. Wir bereichern das Leben allein durch unser Dasein! Das geht viel zu oft unter, ohne dass wir dies bewusst wahrnehmen und würdigen. Mitunter wird ein Lob geäußert, doch Lob kann schnell manipulativ wirken und sagt auch nur wenig über den Sender des Lobes aus. Auch beim Loben spreche ich mehr über den anderen, bewerte ihn und teile nichts oder nur wenig von meinen schönen Gefühlen und Bedürfnissen, die durch sein Verhalten unterstützt wurde, mit.

Wertschätzung und Dankbarkeit vollständig ausdrücken hat in den GFK-Trainings einen besonderen Raum und Wert! Hier üben wir uns in Selbstwertschätzung und Wertschätzung für uns selbst und für andere. Hier wird eine Kultur der Wertschätzung gefördert – ehrlich, ohne Übertreibung oder Ironie. Dies nährt Vertrauen und die Freude an Unterstützung und am Miteinander. Das Potential, das hier auf uns wartet ist gar nicht vorstellbar.  


Die Kunst des Zuhörens

Eine gelungene Kommunikation besteht wenigstens zu 50 % aus Zuhören! Die Kunst des Zuhörens will geübt werden. Kein Mensch kann sie sofort. Leider hat diese wichtige Alltagsfähigkeit kaum Raum in unserer Erziehung. Zuhören wurde in Schulen und von Erwachsenen missbraucht, um sicher zu stellen, dass andere genau das machen und lernen, was man sich wünscht. Die hier Geschädigten haben es dann später genauso gemacht.

Durch Zuhören entsteht Verbindung und Verständnis. Erst durch Zuhören ist ein Miteinander möglich. Doch auch Zuhören ist ein Kind der Freiheit und darf nicht erzwungen werden. Und es ist ein Geschenk für den, der es erfährt. In den GFK-Seminaren üben wir dies gezielt, machen Fallen und Stolpersteine bewusst (Ratschläge, Belehrungen, Verbünden, Mitleid, eigene Geschichten erzählen, …) und genießen es, wenn uns jemand zuhört. Das hat Carl Rogers, der Begründer der klientenzentrierten Gesprächstherapie und einer der Väter der humanistische Psychologie sehr schön ausgedrückt:

"Wenn dir jemand wirklich zuhört, ohne dich zu verurteilen, ohne dass er den Versuch macht, die Verantwortung für dich zu übernehmen oder dich nach seinem Muster zu formen - dann fühlt sich das verdammt gut an. Jedes Mal wenn mir zugehört wird und ich verstanden werde, kann ich meine Welt mit neuen Augen sehen und weiterkommen. Es ist erstaunlich, wie scheinbar unlösbare Dinge doch zu bewältigen sind, wenn jemand zuhört. Wie sich scheinbar unentwirrbare Verstrickungen in relativ klare, fließende Bewegungen verwandeln, sobald man gehört wird."
(Carl Rogers)

 

Natürlich  gibt es auch berechtigte Kritik am GFK-Modell. Mehr dazu können Sie hier nachlesen

 

Gewaltfreie Kommunikation mit mir selbst -
Gewaltfreie Kommunikation mit meinem Nächsten -
Gewaltfreie Kommunikation in Erfurt -
Gewaltfreie Kommunikation in Thüringen -
Gewaltfreie Kommunikation in Deutschland und auf der ganzen Welt -
dafür stehe ich!